,

Fragen: Schlüsselkompetenz für Beruf und Privatleben

Schlüsselkompetenzen tragen entscheidend zum beruflichen und persönlichen Erfolg bei. Im Wesentlichen geht es um vier Aspekte: Sozialkompetenz, Persönlichkeitskompetenz, Fachkompetenz und Methodenkompetenz. Neben Lesen und Schreiben gehören auch Problemlösungsstrategien dazu, außerdem rhetorische Fähigkeiten, Transferdenken und schließlich auch das Fragen. Es ist Voraussetzung für lebenslanges Lernen.

Informationen und Beziehungen

In ihrem Buch Die Kraft des Fragens zeigen Andreas Patrzek und Stefan Scholer, dassdas Fragenstellen für Privatleben und Beruf unverzichtbar ist. Es sollte daher in Teams, Coaching und Führung mehr Aufmerksamkeit erhalten. Erfrischend vielfältig stellen die beiden Autoren eine Vielzahl von Frage-Techniken und -Strategien vor, die dabei helfen sollen, beruflich und privat besser voranzukommen. Fragen helfen nicht nur beim Zusammentragen von Informationen, sondern ebenso bei Aufbau und Pflege von Beziehungen und beim Meistern von Herausforderungen und Problemen. Ungewöhnliche Fragen sind Voraussetzung, um Innovationen zu fördern und kreative Lösungen zu finden.

Dialogszenen

Viele Alltagsszene stellen eine gute Verbindung zwischen Theorie und Praxis her. Anhand einer Dialogszene im Restaurant demonstrieren die Autoren im 2. Kapitel, wie ein Gespräch ohne Fragen ins Leere läuft. In Kapitel 7 führen sie uns lebendig vor Augen, dass wir nicht auf jede Frage antworten müssen. Manchmal ist es sinnvoll, mit einer eleganten Konterfrage Zeit zum Nachdenken zu gewinnen, etwa so: Wie soll ich Ihre Frage verstehen? Was ist der Hintergrund für Ihre Frage? Nachfragen helfen auch beim Smalltalk, um ins Detail zu gehen und Informationen mit mehr Substanz zu gewinnen, wie in Kapitel 11 deutlich wird.

Frageformen

Die Leser:innen lernen vielfältige Formen und Methoden des Fragens kennen. Die Autoren machen vertraut mit den klassischen W-Fragen, wie man sie aus dem Journalismus kennt: wer – was -wann -wo -wie – warum und – in Zeiten von Fake News auch – welche Quelle den Informationen zugrunde liegt. Anschaulich erklären Patrzek und Scholer in Kapitel 12, inwiefern ein Warum von vielen als „Verhörfrage“ gedeutet wird und dazu führen kann, dass sich Gesprächspartner eher verschließen als sich zu öffnen. Daher gelten Warum-Fragen als „Inquisitionsfragen“. In den Folgekapiteln geht es um Skalierungsfragen, hypothetische Fragen, Wunderfragen, zirkuläre Fragen und systemische Fragen, die anhand praxisnaher Dialoge und Situationen greifbar werden.

Mit Fragen überzeugen

Jeder von uns kennt Suggestivfragen, vor allem aus Verkaufssituationen: „Sie wollen es doch auch…“ „Sind Sie nicht auch der Meinung, dass…“ Die Autoren zeigen in den Kapiteln 5 und 18, weshalb suggestive Fragen nicht selten Abneigung erzeugen, weil sich Gesprächspartner bedängt und überrumpelt fühlen. Wer gut verkaufen will, sollte empathisch nach Wünschen, Nutzen, Ausstattung, Funktionen und nicht zuletzt auch nach emotionalen Aspekten fragen: Welche Erinnerungen und Gefühle könnten die Interessenten zum Kauf bewegen? Wertvolle Erkenntnisse entstehen, wenn Aussagen weiter hinterfragt werden. Die Autoren empfehlen, auch Bilder und Metaphern beim Fragen bewusst einzusetzen.

Zuhören

Wie oft hören wir den vorwurfsvollen Satz: Du hörst mir gar nicht richtig zu! Tatsächlich wird dieses Unvermögen als mangelnde Wertschätzung bewertet. Die Folge: Die Kommunikation misslingt. Ein ganzes Kapitel widmen die Autoren daher speziell dem Zuhören und sie konstatieren: schlechte Zuhörer sind nicht selten auch schlechte Fragensteller. Anhand von Dialogen können Leser:innen nachvollziehen, dass gutes Zuhören einerseits Handwerk und andererseits Einstellung ist. Wir lernen, welche verbalen und  nonverbalen Reaktionen von Zuhörer:innen auf den Gesprächspartner aktivierend und wertschätzend wirken, welche Nachfragen passend sind und weshalb wir auch auf das Paraphrasieren nutzen sollten, indem wir das Gehörte mit eigenen Worten wiederholen.

Zirkuläre Fragen

Wenn wir uns im Kreis drehen, kann es lohnenswert sein, aus der Hubschrauberperspektive zu fragen. Insbesondere in der Personalentwicklung sind Fragen ein wertvolles Hilfsmittel zum Reflektieren, in Auswahlgesprächen mit Bewerber:innen ebenso wie in Entwicklungs- und Jahresgesprächen mit Mitarbeitenden. Am Ende des Buchs erläutern die beiden Autoren noch, wie sich die Kommunikation in Präsenz und im virtuellen Kontext unterscheidet und wie Fragen in Online-Meetings eingesetzt werden. Zuletzt gibt es eine kleine Zeitreise zum griechischen Philosophen Sokrates. Er wusste, dass gutes Fragen ein andauernder Prozess des Lernens ist, der uns stetig dazu einlädt, unsere Fragekompetenz bis ins hohe Alter zu verbessern.

Die Autoren

Andreas Patrzek hat einen weiten Blick auf das Fragenstellen. Als Diplom-Betriebswirt, Psychologe, Trainer, Coach und Fachortautor setzt er Fragen in vielfältigen beruflichen Kontexten ein. Er hat bereits einige Bücher zum Thema Fragen und Gesprächsführung veröffentlicht, die bislang eher theoretischen Einblick in die Fragenmaterie gaben. Mit dem Diplom-Soziologen und Personalmanager Stefan Schuler bildet er diesmal ein co-kreatives Team, das viele Dialoge, praktische Beispiele und Übungen aus Beruf und Alltagssituationen einbringt. Dies alles macht das Fragenmetier greifbar.   

Struktur

Das Buch ist gut gegliedert, informativ und anschaulich geschrieben, übersichtlich in 29 kurzen Kapiteln auf 162 Seiten strukturiert und visuell ansprechend gestaltet. Die Leser:innen erhalten einen guten Einblick, wie man Fragen nutzen kann, um effektiver zu kommunizieren, einfühlsam und wertschätzend zu führen, um dadurch erfolgreicher und produktiver zu sein. Das Buch liefert dem Leser konkrete Tipps und Übungen, die helfen können, die eigenen Fragetechniken zu verbessern.


Andreas Patrzek, Stefan Scholer: Die Kraft des Fragens. Schlüsselkompetenz für Teams, Coaching und Führung, Beltz Verlag 2022, 978-3407368126 (Die Titelgrafik des Artikels zeigt das Cover des Buches).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mit dem Absenden des Kommentars bestätige ich, dass ich die Datenschutzerklärung zu Kenntnis genommen habe.