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Zwischen Mutlosigkeit und Aufbruch: So war das Jahr 2021

Wie haben Sie das zweite Corona-Jahr erlebt? Mit der Pandemie sind Unbeschwertheit und Leichtigkeit aus unserem Leben gewichen, sagen die einen. Die Pandemie zeigt die besondere Dringlichkeit für Veränderungen und Aufbruch, sagen die anderen, es ist höchste Zeit für mehr Solidarität, für Ausgleich und Gerechtigkeit, für einen verantwortungsvollen Umgang mit Umwelt und Natur.

Die Ereignisse und Krisen in der Welt lassen sich nicht mehr ausblenden. Doch welche Schlüsse ziehen wir daraus in unserem Alltag, am Arbeitsplatz und im privaten Umfeld? Corona hat dazu geführt, das eigene Leben und Handeln stärker zu überdenken. Das Zusammensein mit Familie und Freunden ist für viele wertvoller geworden. Inspirierende Begegnungen und Gespräche, kulturelle Ereignisse und kreative Erlebnisse sind für mich Kraftquellen, von denen ich zehre. Ich suche mir bewusst ein sinnstiftendes Umfeld, Menschen, die mir gut tun und die gemeinsam mit mir etwas bewegen wollen. Das gelingt zunächst im Kleinen oft leichter als im Großen, kann mit der Zeit aber auch zu Größerem wachsen. Selbstwirksamkeit beugt Ohnmacht vor.

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Besitz versus Erfahrung

Wo der Alltag zuweilen atemlos erscheint, helfen kleine Rituale und Erfolge, um sich nicht von Ereignissen überrollen und aufzehren zu lassen. Was hat wirklich Bedeutung für mich und meine Mitmenschen? Die Summe materieller Dinge ergibt am Ende des Lebens lediglich eine Liste. Eigene Erfahrungen und Erlebnisse hingegen, also immaterielle Dinge, ergeben zusammen eine authentische Erfahrung, eine Geschichte, die bleibt.

In diesem letzten Blogartikel für dieses Jahr möchte ich in kurzen Episoden über Menschen und gelungene Vorhaben erzählen, die mir 2021 rückblickend im Gedächtnis geblieben sind, weil sie etwas verändert haben: Orte, Erfahrungsräume, Sichtweisen.
In diesem Sinne wünsche ich Euch und Ihnen eine harmonische Adventszeit und friedliches und besinnliches Weihnachtsfest!

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Diskussion! Konflikte und Freiräume

Egal wohin man schaut: Überall gibt es Krisen, Empörung und Gründe, sich aufzuregen – über Politik und Verkehr, über Gesundheit und Klima, über Arbeit und Schule, Wohnen und Nachbarschaft, über Freunde und Familie. Konflikte können die Welt verändern, im Großen wie im Kleinen. Das Museum der Arbeit in Hamburg zeigt gerade eine Sonderausstellung zum Thema Konflikte. Ergründet wird die Sinnhaftigkeit von Konflikten, nach Lösungsstrategien gesucht und Leitfäden vorgestellt. Viele anschauliche Beispiele aus unserem Alltag fordern die Besucher*innen heraus und eröffnen ihnen bei Entscheidungen alternative Wahlmöglichkeiten.

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Nicht erst seit Corona wollen Museen zu „dritten Orten“ werden, zu Treffpunkten für einen lebendigen Austausch. Neben eigenen Haus-Ausstellungen werden Besucherinnen und Besucher nach ihrer Meinung und ihrer Sicht auf die Welt gefragt. Im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg gibt es seit Frühjahr 2020 im Erdgeschoss den FREIRAUM. Der offene Projektort mit Veranstaltungen, Büchern, Objekten und Thesen an den Wänden lädt zum Nachdenken und Andersmachen ein. Jede/r ist zu den Öffnungszeiten willkommen – zum Lesen, Arbeiten und Diskutieren – übrigens kostenfrei. Das verbessert die Teilhabe-Chancen für finanziell  benachteiligte Besucher. Eintrittspreise sind für viele nach wie vor eine Hürde, um ins Museum zu gehen. Dass es auch anders geht, zeigen die Museen in Großbritannien, die ihre Dauerausstellungen seit vielen Jahren kostenfrei anbieten. Die nötigen Einnahmen werden auf anderen Wegen generiert – über Spenden und kreative Dienstleistungen.

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Relevanz von Kultur

Politische Entscheidungen rund um Corona haben viele Künstler und Kreativschaffende enttäuscht und nachdenklich über die eigene Rolle und Wertschätzung gemacht, ob und was Kunst tatsächlich bewirken kann. Nicht nur Ausstellungsmacher denken daher darüber nach, welche Relevanz sie für die Gesellschaft haben und wie sie die Menschen erreichen, die heute noch nicht zu ihrem Publikum gehören. Wie sehen Musiker ihre Zukuftsperspektiven in Orchestern, die vor allem Musik der Vergangenheit aufführen? Das fragen sich vor allem jüngere Musiker, wie z. B. das ensemble resonanz und die Junge Deutschen Philharmonie und suchen das Gespräch mit neuen Zielgruppen an ungewöhnlichen Orten. Wie seht Ihr die Welt? Was interessiert Euch? Was hält Euch davon ab, ein klassisches Konzert zu besuchen? Welche Rolle spielt Kultur in Eurem Leben? Die Erkenntnis: Was klassische Musik auch für jüngere Menschen zukunftsfähig macht, ist die Kommunikation, das Sprechen über Musik, über Erlebnisse, Erfahrungen, Emotionen, das Einordnen in die Welt und das Vernetzen mit anderen Künsten. Wer die eigene Blase verlässt, wer mit seinem Publikum ins Gespräch kommt, offen ist, Fragen stellt und keine einfachen, vorschnellen Antworten liefert, bleibt interessant und relevant. Mögen die etablierten Kulturinstitutionen diesen Wegmarken folgen.

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Cappuccino-Bär und Evolution

Im Deutschlandfunk habe ich gelernt, was ein „Cappuccino-Bär“ ist: ein neues Hybrid-Wesen aus Braunbär und Eisbär. Zu diesen Paarungen kommt es in Folge des Klimawandels in freier Natur. Weil das arktische Eis zunehmend abschmilzt, dringen Eisbären in südliche Lebensräume vor und treffen dort auf Grizzlys. Welche Rolle solche Hybride für die Evolution und den Artenschutz spielen, wird erst seit kurzem genauer erforscht, z. B. von Susanne Dobler, Professorin für Evolutionsbiologie am Zoologischen Institut der Universität Hamburg.

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Oktopus und Storytelling

Die Tierdokumentation Mein Lehrer, der Krake hat mich zum Nachdenken gebracht – in zweierlei Hinsicht. Sie basiert auf wissenswerten und wissenschaftlichen Fakten, die in eine sehr persönliche Geschichte verpackt ist. Um eine Lebenskrise zu überwinden, geht ein Filmemacher regelmäßig mit Brille und Schnorchel tauchen. Er entdeckt dabei einen Kraken, den er fortan über fast ein Jahr fast täglich begleitet. Seine Faszination überträgt sich rasch auf den Zuschauer. Man kann einiges über das Erzählen von Geschichten lernen, wie man Helden schafft, Erzählstränge verfolgt, Spannungsbögen aufbaut und, dass Filmkunst dazu beitragen kann, das eigene Verhalten zu überdenken. Nach diesem Film esse ich keinen Oktopus mehr.

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Grüne Fluchtorte, Kunst und Natur

Grün wirkt entspannend und beruhigend. Vielleicht sind Fluchtwege deshalb mit grünen Schildern gekennzeichnet (keine Panik!)… Viele hat es in Coronazeiten in die Natur gezogen. Auch ich habe einige Parks und Gärten besucht, die mich aus unterschiedlichen Gründen beeindruckt haben. Einer der schönsten Landschaftsparks im englischen Stil liegt in Hohenzieritz an der Mecklenburger Seenplatte. Der Park umgibt das Sommerschloss der Herzöge zu Mecklenburg-Strelitz mit der berühmten Luisen-Gedenkstätte. Mir erschien der Spaziergang wie eine Zeitreise 250 Jahre zurück, denn es gibt in Hohenzieritz nichts, was an die heutige Zivilisation erinnert: keine Autobahnen, keine Strommasten, keine Windräder. Hohenzieritz liegt abgeschieden in einem wunderschönen Natur- und Landschaftsschutzgebiet, das hoffentlich noch lange bewahrt werden kann.

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Wie bleibt die Zukunft lebenswert?

Den Themen Natur, Umwelt und Nachhaltigkeit haben wir uns im Verlag schon vor einiger Zeit gewidmet. Unser Hörbuch Zukunft.Leben.Nachhaltigkeit ist aktueller denn je. Viele Menschen definieren Lebensqualität und Wohlstand heute nicht mehr durch Wirtschaftswachstum und Konsum, sondern durch Teilhabe und Gemeinschaft, Gesundheit und Selbstentfaltung. Stärken der Natur, nämlich Vielfalt und Erneuerung, sind Vorbild für abfallfreie Kreislaufwirtschaft, für technologische Innovationen und für krisensichere Gesellschaftsformen. Die Schauspieler Anne Moll und Ulrich Gebauer verbinden aktuelle Ideen über Nachhaltigkeit mit Mythen und Zitaten aus der Weltliteratur. Authentische Klänge und Bilder der Erde machen das Leben auf unserem Planeten sinnlich erfahrbar.

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Sind wir noch zu retten?

Können neue Technologien dabei helfen, den Klimawandel zu stoppen? Deutschland war schon immer ein Land der Tüftler und Entwickler. Was dabei an großartigen Vorhaben und Erfindungen entstanden sind, davon erzählen Hannelore Hoger und Dietmar Mues in unserem Hörbuch Deutsche Erfinder.

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Einsam oder gemeinsam?

Medien berichten täglich darüber, wie sich Länder und politische Lager fast überall auf der Welt entzweien. Dabei sollten wir es besser wissen. Nur gemeinsam lassen sich Lösungen finden und Herausforderungen meistern. Das gilt im Kleinen wie im Großen. Weltweit sind mindestens 700 Millionen Mitglieder an Genossenschaften beteiligt, in Deutschland gibt es über 7.600 eingetragene Verbünde mit rund 20 Millionen Mitgliedern, überwiegend im Bereich Wohnungsbau. Viele treibt der Wunsch nach bezahlbarem, ökologischem Wohnen und einem sinnstiftenden Leben in einer vielfältigen Gemeinschaft. Inzwischen organisieren sich auch immer mehr kreative Genossenschaften, die Mitbestimmung einfordern – in der Stadt- und Dorfentwicklung und der Lebensgestaltung.

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Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass der Leitspruch „Einer für alle, alle für einen“ schon für die Kaufleute der Hansezeit galt. Darüber erzählt der Schauspieler Rolf Becker in unserem Hanse-Hörbuch. Ihren wirtschaftlichen Erfolg nutzten die Hanse-Kaufleute, um den Bürgern und sich selbst ein vielfältiges kulturelles Leben zu ermöglichen – mit prachtvollem Rathaus- und Kirchenbauten, mit Gemälden und Kunstwerken, mit Musik, Literatur und Tanz. Sie wussten sehr wohl, dass der Mensch für ein gesundes und erfülltes Leben mehr braucht als Arbeit, Essen und Schlaf. Mögen sich die Unternehmer und Politiker unserer Tage dies zum Vorbild nehmen und den Rotstift nach Corona nicht bei Kunst und Kultur ansetzen.

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