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Sa Bassa Blanca: Wunderwesen, Kunst und Natur

Wer auf der Ballearen-Insel Mallorca Ruhe und Inspiration sucht, findet beides – und zwar im Norden in der Nähe von Alcúdia – in der „weißen Bucht“. In einem wunderschönen Park laden Skulpturen und außergewöhnliche Ausstellungsräume mit erlesenen Kunstobjekten zum Wandeln und Staunen ein.

Entdeckungstour

Als Startpunkt für die Entdeckungstour eignet sich die im Norden gelegene Stadt Alcúdia. Sie ist sehenswert dank der neogotischen Kirche Sant Jaume, der restaurierten mittelalterlichen Stadtmauer und der hübschen Altstadt mit ihren charmanten engen Gassen. Vom Rathaus sind es nur knapp 7 km bis zum Museo Sa Bassa Blanca, zu Fuß gut zu bewältigen. Wenn man die Haupteinkaufsstraße passiert, vorbei am Mercadona und der Tankstelle, und sich dann links hält, erreicht man den wenig befahrenen Weg „Cami de S’Alou“. Er ist von Trockenmauern eingefasst und gesäumt von Brombeersträuchern und Mandelbäumen, Feigen- und Zitronenbäume stehen oft unerreichbar hinter den Mauern.

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Der Zivilisation entfliehen

Schon der Weg zum Museum entscheidet darüber, wie man dort ankommt. Die Anreise mit dem Auto ist problemlos möglich. Wer wie wir zu Fuß geht, kann die Ruhe bereits Schritt für Schritt in sich aufnehmen. Am ersten Schild „Museo Sa Bassa Blanca-Yannick y ben Jakover“ bzw. der Finca Roque ist der Weg zur guten Hälfte geschafft, von dort sind es noch knapp 3 km. Nach einer scharfen Rechtskurve erreichen wir durch ein kleines Tor für Fußgänger (Autofahrer durch ein großes automatisch öffnendes Elektrotor) den Park. Nach wenigen Schritten entdecken wir die ersten Skulpturen – Tierwesen aus Granit: Stier und Nashorn, Elefant und Kamel, Pferd und Ziegenbock, Hund und Katze, Frosch und Taube. Ein riesiger, fast über die Baumwipfel ragender Krake mutet wie ein Außerirdischer an. Hinter Hecken verstecken sich kleine, kreisförmig angeordnete Wesen und ein Land-Art-Sonnenstelen-Kreis aus riesigen ungleichförmigen Sandsteinen, die an die Megalithen von Stonehenge erinnern. Seitlich führt eine weit geöffnete, strahlend weiße Marmortür scheinbar ins Nirgendwo – bis zum Grabstein „The End“.

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Philosophisches

Überall lauern Gedankenanstöße und Inspirationen. Vorbei an Palmen und Olivenbäumen gelangen wir durch eine terassenförmig angelegte Gasse. Steinplatten erobern unsere Aufmerksamkeit mal mit tiefgründigen, mal mit humorvollen Aufschriften: „no justice, no truth, no reality“, „Andersdenken“, „Ein(-)Stein“. Nach so viel Natur fängt uns schließlich die architektonisch moderne SOKRATES-Halle ein. Stufen führen hinab und eröffnen den Blick in eine moderne Wunderkammer: eine wilde und überraschende Mischung aus ethnologischen Artefakten (Masken und Stauen), tierischen Cyborgs (elektronisch animierter Schmetterling) und moderner Kunst. Ein überdimensionierter goldener Schnuller prangt vor Einsteins Formel für die Relativitätstheorie, Klimakunst-Portraits aus Plastikutensilien fordern unser Gewissen. Spektakulärer Blickfang der SOKRATES-Halle ist ein Kristallvorhang über 4 x 7 Meter, gefertigt aus 10.000 Swarowski-Glasstücken, davor ein fossiles Nashornskelett. Das Rhinozeros soll aus dem späten Pleistozän vor etwa 125.000 bis 80.000 Jahren stammen.

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Alt und Neu

Die Zeiten und Epochen mischen sich überall im „Museo Sa Bassa Blanca“. Ein alter, steinerner Wasserturm beherbergt im Innern eine Plastikinstallation und mahnt einmal mehr das gedankenlose Handeln unserer Wegwerfgesellschaft an. Ein Steinturm im Rosengarten lockt mit einer Klanginstallation, dem Gesang von tibetischen Mönchen. Hier finden vermutlich die letzten Hektiker ganz zu sich. Das strahlend weiße Haupthaus wurde in hispanisch-maurischem Stil errichtet und entstand nach Entwürfen des ägyptischen Architekten Hassan Fathy. Im Karlweis-Flügel ist eine Sammlung mit zeitgenössischer Kunst zu sehen. Besonders sehenswert ist die Mudejar-Kassettendecke im Obergeschoss.

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Stiftung

Initiatoren des Museums und Parks sind das Künstler- und Sammler-Ehepaar Yannick Vu und Ben Jakober sowie der Bankier und Philantrop Georges Coulon Karlweis. Bereits 1993 riefen sie gemeinsam die „Fundación Jakober“ ins Leben. Zunächst wurde ein ehemaliges unterirdisches Wasserreservoir klimatisiert und zum Sammlungsraum „Nins“ umgenutzt, der heute historische Kinderportraits präsentiert. Die kleinen Helden wirken mit ihren erwachsenen Posen befremdlich. Die ungewöhnlichen Gemälde entstanden zwischen dem 16. bis 19. Jahrhundert. Seit 2001 kann das „Museo Sa Bassa Blanca“ besichtigt werden. Im Laufe der Zeit kamen immer weitere Räume, Skulpturen und Kunstwerke hinzu.

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Bildungsanspruch

Durch die Verbindung von Natur, Kunst, Design und Architektur wollen die Initiatoren insbesondere junge Menschen für das Thema Umwelt und Nachhaltigkeit sensibilisieren, Wahrnehmung und Wertschätzung für Natur und Lebewesen stärken. Grundpfeiler der Stiftung ist daher ein Bildungsprogramm, das sich an Schulen und Gruppen mit spezifischen Interessen wendet. Dazu gehört auch die Schärfung der Sinne. Eine besondere Tour (wir haben sie nicht absolviert) zum Aussichtspunkt mit hohen Steinsäulen für maximal 6 Personen muss separat angemeldet werden. Von dort können Besucher über die gesamte Bucht von Alcudia schauen. Unterhalb liegt ein ehemaliger militärischer Beobachtungsposten mit einer Installation der Fotografin Nilu Izadi: einer großen „Camara Oscura“. Ihre Funktionsweise wird auf der Website des Museums MSBB erläutert: „Durch ein kleines Loch in der Wand und ein Objektiv tritt Licht in den verdunkelten Raum. Die Landschaft draußen wird spiegelverkehrt auf eine Art weißen hölzernen Bildschirm, auf einer gekrümmten Wand an die gegenüberliegende Seite des Raumes projiziert.“

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Auszeichnungen

Vielfältig, ganzheitlich, ungewöhnlich, engagiert: Mit diesen Attributen lässt sich das Anliegen der Stiftung Jakober zusammenfassen. Kein Wunder, dass die Initiative mehrfach ausgezeichnet wurde. Die Sammlung Nins gehört inzwischen zum Kulturerbe der Balearen, die Kassettendecke im christlich-maurischen Mudéjar-Stil hat man zum Kulturgut ernannt. Wer jemals im Norden von Mallorca weilt, muss das „Museo Sa Bassa Blanca“ unbedingt gesehen haben, auch wenn es scheinbar am Ende der Welt liegt.

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