©ClimateMeter: Robert Kessler
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ClimateMeter: Klimakrise mit Kunst bewusst machen

Wie lässt sich die aktuelle Klimakrise anschaulich vor Augen führen? Der Künstler Robert Kessler hat die Klima-Uhr ClimateMeter geschaffen. Sie zeigt uns allen die Dringlichkeit, umgehend zu handeln und persönlich Verantwortung zu übernehmen.

In Analogie zu einer Waage vermittelt das ClimateMeter den Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und dessen Auswirkungen auf das Ökosystem der Erde. In das ClimateMeter werden wissenschaftliche Klimadaten von fünf internationalen Messinstituten in Echtzeit eingespeist. Eine Boje mit Webcam überträgt den aktuellen Stand der Erderwärmung live auf die Website „Climatemeter.net“. Der Protoptyp wurde bereits erstellt: ein Kurzfilm zeigt in einer 3D-Animation die Funktionsweise und Wirkung des ClimateMeters. Kesslers Werk ist “social kinetic art”.

Waage und Löffel

Das ClimateMeter ist eine überdimensionierte Waage aus zwei Löffeln. Löffel sind ein Symbol des Gebens und Nehmens. Die Waage verweist mit ihrer Schieflage auf die fatalen Konsequenzen der Ausbeutung und Vernichtung von Naturressourcen. Das blaue Kreissegment zeigt die intakte Erdatmosphäre, das rote Kreissegment deren Zerstörung. Eine Kugel rollt zwischen beiden Positionen umher und macht den Zustand der Erde bewusst.

Bewusstsein schaffen

Robert Kessler: „Als ich die Klimanotlage unserer Erde in ihrer Tragweite begriff, verstand ich auch, wie angemessen das Weinen der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg anlässlich einer ihrer öffentlichen Reden zur Klimanotlage war. Ihre ehrliche Betroffenheit und Trauer berührten mich zutiefst. Sie bestärkten mich, ein Werk zur Klimanotlage zu entwerfen, das den Zusammenhang zwischen Ökosystem und Weltklima verständlich macht und Menschen mit den Fakten zur Erderwärmung zum Klimabewussten handeln bewegt.“

Social Kinetic Art

Robert lebt und arbeitet als Künstler in Würzburg. Ich kenne Robert seit 2012, wir erhielten im gleichen Jahrgang den Bundespreis „Kultur- und Kreativpiloten“. Robert kreiert bewegliche bzw. kinetische Kunstwerke (social kinetic art), die in verschiedenen sozialen Feldern wirksam werden. Ich habe auf meinem Blog über einige berichtet: Open InnovationTechnologische & soziale Innovationen. Roberts aktuelles Werk ist das ClimateMeter, er verbindet wissenschaftliche Klimadaten mit persönlicher Bewusstseinsbildung. Sein Wunsch: Das ClimateMeter soll vom Kopf über das Herz in den Körper führen und zu aktivem Handeln für mehr Klimaschutz motivieren: „Klima retten! Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren.“

Erderwärmung: Point of no return ©Robert Kessler
Erderwärmung: Worst Case ©Robert Kessler

1,5 Grad-Ziel

Wie eine Klima-Uhr soll das ClimateMETER als weltweites Zeichen den Point auf NoReturn von 1,5°,den zeitlichen Spielraum, der uns (noch) zum Handeln bleibt in die Welt senden.   Mit der programmierbaren Bewegung des Doppellöffels simuliert das ClimateMETER alle Auswirkungen auf die Erderwärmung in Abhängigkeit zur zeitlichen Dimension: Wie sich z. B. Kriege oder Pandemiezeiten auf die Erderwärmung auswirken. Viertelstündlich wiederholt es Bewegungen von der Industrialisierung bis zur Gegenwart oder andere Simulationen. Erste regelmäßig erstellte und veröffentlichte Wetterkarten datieren um das Jahr 1860. Das ClimateMeter nimmt dieses Jahr als Ausgangspunkt.

Handlungsimpulse

ClimateMETER ist als groß dimensioniertes Werk konzipiert, wirkt aber ebenso in kleineren Formaten. Robert sucht derzeit nach Partner:innen, die die Umsetzung des ClimateMeters unterstützen. Es wäre etwa denkbar, das ClimateMETER weltweit an Wetternachrichten anzubinden. In Verbindung mit relevanten wichtigen Informationen zum Klima könnte es zu einem internationalen Zeichen werden, das täglich neue Handlungsimpulse überbringt, z. B. fahre mit dem Auto deutlich langsamer. Das ClimateMeter richtet sich an die Weltgemeinschaft.

Erste Aufzeichnung von Wetterdaten (1860) ©Robert Kessler
Aktueller Stand der Erderwärmung (2022) ©Robert Kessler

Nasa-Visualisierung: Globale KLimaveränderungen

Die „Klimaspirale“ (Climate Spiral) ist eine weitere Visualisierung, die vom Klimawissenschaftler Ed Hawkins vom National Centre for Atmospheric Science der Universität Reading entwickelt wurde. Eine Version wurde bereits 2016 bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro gezeigt. Der Videoclip – entworfen vom „NASA’s Scientific Visualization Studio“ – zeigt die monatlichen globalen Temperaturanomalien (Abweichungen vom Durchschnitt) zwischen 1880 und 2022 (in Grad Fahrenheit, das Video kann auch in Grad Celsius heruntergeladen werden).

Weiße und blaue Farben zeigen kühlere Temperaturen an. Orange und rote Farben zeigen wärmere Temperaturen. Es ist deutlich erkennbar, dass hauptsächlich durch menschliche Aktivitäten die globalen Temperaturen im Laufe der Zeit steigen. Die Daten hat das Goddard Institute for Space Studies (GISS) der NASA aufgezeichnet.

Mit Klängen Sensibilisieren

Menschen über Emotionen, mit Musik und Klängen zu erreichen, das wünscht sich die Komponistin Carola Bauckholt. Gemeinsam mit der Geigerin hat sie schmelzendes Eis erforscht und mit der Violine simuliert. Aufgeführt wurde ihr Werk 2023 in der Akademie der Künste in Berlin beim Festival Time to Listen. Die ökologische Krise in Klang und Musik. Künstler:innen aus aller Welt greifen mit musikalischen Mitteln die Klima- und Umweltkrise auf. Sie regen an, „über unser Verhältnis zu Umwelt, Technologie, indigenem Wissen, Klimagerechtigkeit und Konsum im Anthropozän nachzudenken“. Musik habe ein besondere Potenzial, so die Initiator:innen des Festivals, um einen positiven Einfluss auf den gesellschaftlichen Wandel zu nehmen: „Im Zentrum stehen die Fragen, welches Wissen und welche Wirkungskraft in Musik und Klang liegen und inwieweit Hören bzw. Zuhören überhaupt Bedingungen für ein tiefes Verständnis und die Beschäftigung mit der Umwelt ist.“

Welche Verantwortung und welche Rolle kommt der Kunst in Hinblick auf Nachhaltigkeit zu? Warum muss bei der Beantwortung der Frage eine globale Perspektive eingenommen werden? Neben der weltweiten Besorgnis über schmelzende Gletschern, austrocknende Flüsse, fehlgeleitete Abfallwirtschaft und Viehzucht, Überfischung und Bodenversiegelung wurden beim Festival „Time to Listen“ konkrete Wege diskutiert, wie wir Menschen für Fehlentwicklungen sensibilisiert und zum Handeln aktiviert werden können. Symbiotische Beziehungen zu unseren natürlichen Ökosystemen sollen wiederhergestellt und klimaneutrale Technologien vorangetrieben werden.

Befindlichkeiten zum Wetter sprechen

In Venedig findet vom 20 Mai bis 26 November 2023 die Ausstellung Everybody Talks About the Weather statt. Sie erforscht Befindlichkeiten zum „Wetter“ in der bildenden Kunst und will sie abgrenzen zum Notfall der Klimakrise. Das Projekt wurde von dem Belgier Dieter Roelstraete kuratiert – für den historischen Palazzo Ca‘ Corner della Regina, den venezianischen Sitz der Fondazione Prada. Mit mehr als 50 Werken zeitgenössischer Künstler und ausgewählten historischen Kunstwerken wird nachgezeichnet, wie Klima und Wetter unsere Geschichte geprägt haben und wie die Menschen auf meteorologische Ereignisse reagiert haben. Beteiligt an der Ausstellung ist auch das New Institute Centre For Environmental Humanities (NICHE) der Universität Ca‘ Foscari in Venedig.

Fonds Ästhetik und Nachhaltigkeit

International engagieren sich viele Künstler für die Erhaltung unserer Lebensräume und unseres Ökosystems. Ihre Werke waren unter anderem auf der weltweiten Wanderausstellung Zur Nachahmung empfohlen zu sehen. Die Initiator:innen Adrienne Goehler und Manuel Rivera fordern einen Fonds Ästhetik und Nachhaltigkeit (FÄN). Im Namen vieler weiterer Akteur:innen aus „Kunst, Wissenschaft und dem Dazwischen“ schreiben sie auf ihrer Website:

„Das Nachdenken über die Veränderung unserer Lebensgrundlagen durch die dramatische Erwärmung des Klimas kann nicht folgenlos bleiben – umso weniger, als sich die multiple Krisendynamik durch Corona gerade dramatisch zuspitzt. Wir haben keine Zeit mehr für ein bloßes Neben- statt Miteinander von Wissen und Handeln. Wir haben keine Zeit mehr, die Frage, ob die Kunst die ökologische Krise in ihre Realität mit aufnimmt, lediglich zu stellen. Es ist Zeit, dass wir sie beantworten – durch neue Formen des künstlerisch-wissenschaftlichen Eingreifens und Kooperierens…

Schon seit der Jahrtausendwende ist das große Bedürfnis vieler Künstler:innen unübersehbar, sich inhaltlich mit den großen Fragen der Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen… Vielmehr verhindern die gegenwärtigen Förderkriterien politischer Programme und Stiftungen Deutschlands die ästhetische Dimension des nachhaltigen Denkens, Lebens und Wirtschaftens… Wir brauchen daher andere, nachhaltigere, übergreifende Finanzierungsformen, um das Potential von Kunst und Kultur auszuschöpfen, das die Gesellschaft mit neuen Ideen voranbringt. Genau diese empfindliche Lücke will der FÄN helfen zu schließen, mit dem Ziel, gemeinsam ins Handeln zu kommen. Denn in der Nachhaltigkeits- und Umweltpolitik stehen wir doch vor allem vor der Frage, warum so wenig individuelles und kollektives Handeln aus all den Erkenntnissen folgt?…“

Orchester im WandeL

Über Nachhaltigkeit, Reise-Logistik und Musikinstrumente, denken auch die Berufsorchester in Deutschland nach. 37 Orchester haben sich im Verein Orchester des Wandels zusammengeschlossen. Sie sind im ständigen Austausch und unterstützen u. a. ein Projekt zum Schutz bedrohter Hölzer in Madagaskar. Wissenschaftlicher Partner ist die Helmholtz-Klima-Initiative des Alfred-Wegener-Instituts am Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven. Botschafterin des Vereins ist die Cellistin Tanja Tetzlaff. Im Juni 2023 fand in Bremen im ehemaligen Tabakquartier die Veranstaltungsreihe Utopien? Visionen! mit Musik, Kultur & mehr für eine klimafreundliche Zukunft statt. Initiator und Veranstalter waren die Bremer Philharmoniker. Filme, Musik, Lesungen und wissenschaftliche Vorträge wechselten sich ab, u. a. von der Meeresbiologin Dr. Antje Boetius, die das Alfred-Wegener-Institut leitet. Das Anliegen der Veranstaltungen beschreiben die Bremer Philharmoniker:

Die Klimakrise stellt uns alle vor nie dagewesene Herausforderungen. Wenn unsere Erde auch in Zukunft ein lebenswerter Planet bleiben soll, brauchen wir neue Ideen, neue Visionen von einem klimafreundlichen Leben. Hier wollen wir jenseits aller Denkschranken Wege aufzeigen, wie eine lebenswerte Zukunft aussehen könnte, wie die Transformation gelingen kann: “Wir können auch anders!“ ( Maja Göpel).

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